Bonjour! Lass uns heute eine Reise in den Norden Frankreichs machen und einen tieferen Blick auf ein Getränk werfen, das immer noch ein wenig im Schatten seiner prominenteren Verwandten steht: den Calvados. Dieser exquisite Apfelbrand aus der Normandie begeistert Kenner und Genussfreunde gleichermassen und verdient weit mehr Beachtung, als ihm bisher oft zuteil wurde.
Was ist Calvados?
Calvados ist ein bernsteinfarbener Apfelbrandwein, der seinen Ursprung in der malerischen Region Normandie im Norden Frankreichs hat. Der Name „Calvados“ ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung und darf nur für Produkte verwendet werden, die in diesem speziellen Gebiet hergestellt werden. Die Grundlage des Calvados bildet Cidre, also vergorener Apfelmost. Tatsächlich gibt es strenge Vorgaben, was den Anbau der Äpfel und die Produktion angeht, um die hohe Qualität des Endprodukts zu garantieren.
Es gibt drei offizielle Varianten: den klassischen „Calvados“, den „Calvados Pays d’Auge“ und den „Calvados Domfrontais“. Jeder dieser Brände hat seine Besonderheiten und seine eigene Persönlichkeit, die ihn auszeichnet. Je nach Alter des Calvados findet man Bezeichnungen wie „VSOP“ (mindestens vier Jahre gereift) oder „Napoléon“ und „X.O.“ (mehr als sechs Jahre gereift). Sie alle haben eines gemeinsam: ein Bouquet von frischen, fruchtigen Aromen, das verführt.
Die Geschichte des Calvados
Die Geschichte des Calvados ist so reich und vielfältig wie der Geschmack dieses edlen Getränks. Schon die Römer pflanzten in der Normandie Apfelbäume und begannen, die süssen Früchte zu vergären. Doch erst im Mittelalter kam die eigentliche Destillation ins Spiel. Eine der ersten schriftlichen Erwähnungen des Apfelbrands stammt aus dem Jahr 1553, als der normannische Edelmann Gilles de Gouberville das Recht erhielt, „Eau de Vie de Sydre“ herzustellen. Aber es dauerte noch Jahrhunderte, bis der Calvados den Namen bekam, unter dem wir ihn heute kennen.
Besonders in der Zeit nach der Französischen Revolution nahm die Popularität von Calvados zu. Jeder Landwirt, der Apfelbäume anbaute, durfte seinen eigenen Schnaps brennen, und so entwickelte sich eine stolze Brenntradition in der Normandie. Während des Zweiten Weltkriegs spielte der Calvados eine besondere Rolle: Durch die Einrichtung von Herkunftsbezeichnungen wurden Qualitätsstandards etabliert, und der Calvados erhielt erstmals einen rechtlichen Schutz, ähnlich wie der bekanntere Cognac.
Der Herstellungsprozess – vom Apfel zum Brand
Die Herstellung von Calvados ist eine Kunst für sich, die viel Geduld und Hingabe erfordert. Die Äpfel, die für den Calvados verwendet werden, sind keine gewöhnlichen Tafeläpfel. Stattdessen kommen spezielle Sorten zum Einsatz, die sich durch ihr ausgewogenes Verhältnis von Säure, Bitterkeit und Süsse auszeichnen. Es sind nicht die großen, saftigen Äpfel, die wir im Supermarkt kaufen – vielmehr sind es oft die kleinen, herben Sorten, die für das typische Aroma des Calvados sorgen.
Die Ernte erfolgt im Herbst, und dabei werden die Äpfel entweder aufgesammelt oder direkt vom Baum gepflückt. Nach der Ernte werden die Äpfel zu Most gepresst und anschliessend zu Cidre vergoren. Dieser Apfelwein wird dann in Kupferbrennblasen destilliert, wodurch der Rohbrand entsteht. Bei der traditionellen Methode erfolgt die Destillation sogar zweimal, was zu einem besonders feinen und aromatischen Endprodukt führt.
Nach der Destillation lagert der Calvados in Holzfässern, meist aus Eiche oder Kastanienholz. Die Lagerung verleiht dem Apfelbrand seine charakteristische Farbe und Tiefe. Während der Reifung entwickelt der Calvados ein komplexes Aromaprofil, das Noten von Vanille, Karamell und natürlich reifen Äpfeln umfasst. Besonders spannend ist die Assemblage, bei der der Kellermeister verschiedene Chargen und Jahrgänge miteinander vermählt, um ein harmonisches Gesamtbild zu schaffen.
Calvados verkosten – Ein Erlebnis für Geniesser
Calvados ist ein Getränk, das seine Liebhaber vor allem durch seine Vielseitigkeit begeistert. Während junge Calvados durch ihre lebendige Fruchtigkeit beeindrucken, bringen ältere Sorten eine samtige Tiefe und komplexe Aromen mit sich, die an Cognac erinnern. Doch ganz gleich, welchen Jahrgang du probierst – Calvados sollte stets mit Bedacht genossen werden.
Die optimale Trinktemperatur liegt bei etwa 16 bis 18 Grad Celsius, also leicht unter Zimmertemperatur. Besonders gut lässt sich Calvados aus einem Nosing-Glas geniessen, das die Aromen bündelt und dir ermöglicht, die verschiedenen Duftnoten wahrzunehmen. Ein Cognacglas hingegen ist zu breit und lässt die feinen Aromen zu schnell entweichen – das wäre ein Fehltritt, den kein Calvados-Kenner riskieren würde.
Im Sommer kann Calvados auch einmal „auf Eis“ genossen werden, besonders die jüngeren Jahrgänge bieten sich dafür an. Für viele ist ein Schluck Calvados nach dem Essen ein krönender Abschluss, der nicht nur die Verdauung anregt, sondern auch eine wunderbare Verbindung zur Mahlzeit darstellt.
Calvados in der Küche – Ein Allroundtalent
Wusstest du, dass Calvados nicht nur im Glas, sondern auch in der Küche eine hervorragende Figur macht? Gerade bei der Zubereitung von Desserts und herzhaften Saucen zeigt der Apfelbrand, was in ihm steckt. Ob flambierte Äpfel oder eine feine Sahnesauce zum Schweinefilet – Calvados verleiht jedem Gericht eine besondere Note, die es zu etwas Einzigartigem macht.
Auch als Bestandteil von Cocktails wird Calvados immer beliebter. Ein Klassiker ist der „Normandy Mule“, eine Abwandlung des Moscow Mule-Cocktail, bei der Calvados statt Wodka verwendet wird. Das Ergebnis ist ein frischer, fruchtiger Drink, der sich wunderbar als Aperitif eignet.
Die wichtigsten Calvados-Marken
Vier renommierte Calvados-Marken
Père Magloire: Gegründet 1821, zählt Père Magloire zu den führenden Calvados-Herstellern Frankreichs. Die Marke bietet eine breite Palette an Calvados-Varianten, die für ihre Qualität und Tradition bekannt sind. Website: pere-magloire.bernard-massard.de
Roger Groult: Seit fünf Generationen in Familienbesitz, produziert Roger Groult hochwertigen Calvados im Pays d’Auge. Die Destillerie legt grossen Wert auf traditionelle Herstellungsverfahren und verwendet Äpfel aus eigenen Obstgärten. Website: en.wikipedia.org
Château du Breuil: Dieses Schloss im Herzen der Normandie produziert Calvados aus Äpfeln des Pays d’Auge. Château du Breuil ist bekannt für seine sorgfältige Destillation und die Reifung in Eichenfässern, was zu einem besonders feinen Geschmack führt. Website: banneke.com
Boulard: Seit 1825 stellt die Familie Boulard Calvados her und hat sich einen Namen für qualitativ hochwertige Produkte gemacht. Die Marke bietet verschiedene Altersstufen und Geschmacksprofile an, die sowohl Kenner als auch Einsteiger ansprechen. Website: rumundco.de
Der unbekannte Franzose, der mehr Beachtung verdient
Calvados mag immer noch im Schatten seiner prominenteren Verwandten stehen – doch gerade das macht ihn so spannend. Er ist der Underdog unter den Spirituosen, der es mit seinen komplexen Aromen und seiner langen Geschichte durchaus verdient hat, auf die Bühne des internationalen Genusses gehoben zu werden. Die Normandie hat nicht nur fantastische Äpfel, sondern auch eine reiche Tradition, die es wert ist, gefeiert zu werden.
Ob du Calvados pur geniesst, ihn in der Küche verwendest oder mit ihm experimentierst – es lohnt sich, diesem unbekannten Franzosen eine Chance zu geben. Santé!