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Donnerstag, April 25, 2024
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Tabak mischen als Kundenservice – wo Genuss noch Handarbeit ist

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In vielen traditionellen Tabakfachgeschäften gehört ein Service noch immer zum guten Ton: Das Mischen von Tabaken für Pfeifen- und Zigaretten-Raucher. Ein Service mit Zukunft, findet Ursula Staiger, die schon seit Jahrzehnten mit ihren Misch-Künsten für Genuss bei den Kunden sorgt.

Schön anzuschauen sind sie allemal, die grossen Tabakbehälter in einigen Tabakfachgeschäften, gefüllt mit einzelnen Tabaksorten, teilweise pur, teilweise aromatisiert. Und die grossen, teilweise alten Waagen, auf denen Gramm für Gramm Genuss entsteht. Längst wird das Mischen vor Ort nicht mehr überall angeboten. Aber es gibt sie noch: Die Tabakfachgeschäfte mit ihren eigenen Tabakmischungen. Und die Menschen dahinter, die mit viel Leidenschaft und Fachkenntnis auf ihre Kunden zugeschnittene Mischungen präsentieren. Zu ihnen gehört zum Beispiel Ursula Staiger. Gleich für zwei Tabakfachgeschäfte bereiten sie und ihr Team regelmässig feine Mischungen für Zigaretten oder Tabakpfeifen zu. Eines in Zug (Haus Tabacum), das andere in Walchwil (Zugersee Tabak). Beide gehören zum gleichen Unternehmen.

Feinsäuberlich in einer Kundenkartei sind die rund 45 Kunden aufgeführt, die regelmässig in den Genuss ihrer Misch-Kunst kommen. Jeder Kunde mit seiner eigenen, individuellen Mischung. Ein Rezept, das auf das Gramm genau umgesetzt wird, sobald der Kunde Nachschub wünscht. Hinzu kommen einige feste Mischungen, welche man regelmässig selbst zubereitet und die bei Kunden sehr beliebt sind. Diese Hausmischungen sind nach Türmen der Zuger Stadtmauer benannt. Da findet sich zum Beispiel der «Huwyler Turm», eine milde Mischung, hell und geschmacksvoll. Als Basis dienen hier Virginia Tabake, durchzogen von Vanille, Schokolade und Nougat. Der «Zyt Turm» ist zwar ebenfalls mild, aber nochmals um einiges aromatischer. Eine Mixtur aus  Black Cavendish, Burley, Golden Virginia und Orange Virginia Tabaken, mit ­Vanille-, Nougat- und Whisky-Aromen. Oder dann der «Kapuziner Turm», basierend auf American Black ­Cavendish, Burley und Virginia Tabaken. Eine starke und dunkle Mischung für den intensiven Rauchgenuss.

Nur schon diese drei Mischungen zeigen, wie vielseitig die einzelnen Tabake kombiniert werden können. Und das sind nur drei von 14 Pfeifentabakmischungen, die in den zwei Tabakfachgeschäften in Zug und Walchwil aus Eigenproduktion fertig angeboten werden. Hinzu kommen noch einige Zigaretten­mischungen. Und natürlich all die individuellen Kundenmischungen. Wie schafft Ursula Staiger eine solche Vielfalt? «Die einzelnen Tabaksorten selbst sind bereits extrem vielfältig, hinzu kommen dann die unterschiedlichsten Aromatisierungen», erklärt sie. Da ist praktisch alles möglich. Und wie weiss man, wie man richtig mischt? Für Anfänger und Interessierte gibt es zwar teilweise spezielle Kurse. Solche werden aber nur selten durchgeführt und sind oft sogar im Ausland, beispielsweise in Deutschland. Die meisten, die heute in ihren Tabak­fachgeschäften den Kundenservice des Mischens anbieten, haben aber von ihren Vorgängern oder Kollegen gelernt. Und selber ausprobiert. «Schlussendlich ist es jahrelange Erfahrung. Und das regelmässige Feedback der Kunden zu unseren Mischungen», sagt auch Ursula Staiger.

Grundkenntnisse des Tabaks

Was so einfach klingt, ist es ganz und gar nicht. Ein bisschen Grundkenntnisse braucht es schon. Angefangen beim Tabakschnitt. Rund 10 Prozent der Tabake, die von Ursula Staiger und ihrem Team gemischt werden, sind Zigarettentabake. Die anderen Pfeifentabake. Während Zigarettentabake Feinschnitte sind, sind solche für Tabakpfeifen meist gröber geschnitten. Dies macht einerseits steuerlich einen Unterschied, ist aber auch für den Genuss entscheidend, da zu fein geschnittener Tabak beim Pfeifenrauchen zu heiss wird. Daneben gibt es natürlich auch zum Mischen selbst einiges zu beachten. Wie muss eine Mischung aufgebaut sein, welche Tabaksorten gibt es, welche passen? Ursula ­Staiger und ihr Team verwenden als Basistabake meist Virginia-, Burley-, Orient- und Black Cavendish-Tabake.

Virginia: Ein heller Tabak, eigentlich ein Fülltabak. Im Zusammenhang mit Orient-Tabaken wird er zum Beispiel zum Ausgleich des Abbrandes und Geschmackes beigemischt.

Burley: Ein hellbrauner Tabak mit einer äusserst hohen Absorptionsfähigkeit und oft einem leicht kakaoartigen Aroma.

Black Cavendish: Ist eigentlich eine Aufbereitungsmethode und keine Tabaksorte. Normalerweise werden Virginia- oder Burley-Tabake dabei vorsichtig aromatisiert und unter hohem Druck und Hitze zum Reifen gebracht.

Orient: Eher kleine Tabakpflanzen mit gehaltreichen Blättern, die einen hohen Anteil an Zuckerstoffen, aromatischen Ölen und Harzen haben. Orienttabake werden nebst Würztabaken zur Aromatisierung und Harmonisierung der Virginia/Burley-Mischungen genutzt.

Zusätzlich zu den Grundtabaken werden dann einzelne Würztabake und natürlich bei Bedarf Aromen beigemischt – sofern es sich um eine Dänische Tabakmischung handelt. Denn allgemein wird auf dem Markt zwischen Dänischen und Englischen Mischungen unterschieden. Das hat nichts mit der Herkunft zu tun, vielmehr sind Englische Tabake stärkere Mischungen mit würzigem Tabak und ohne Aromatisierung, während bei Dänischen eben mit Aromen gearbeitet wird.

«Vanille-Nugat ist momentan ein sehr beliebtes Aroma», weiss Ursula Staiger. Und auch Cherry sei noch immer recht beliebt. Etwas in Rückstand geraten seien in den letzten Jahren Beeren-Aromen wie Erdbeeren oder Waldbeeren, die lange Zeit sehr beliebt waren. «So ändern sich die Geschmäckern von Zeit zu Zeit immer ein bisschen», erklärt Ursula Staiger. Ein vollkommen natürlicher Prozess, auf den sie beim Selber­mischen aber besser reagieren können als grosse Produzenten mit ihren Fertigmischungen. «Wenn sich der Geschmack eines unserer Kunden auch nur ein wenig verändert, mischen wir einfach von einem Tabak etwas weniger und von einem anderen etwas mehr darunter, bis die Mischung wieder den Geschmack hat, den er mag.»

Allgemein sieht Ursula Staiger ebendiese Flexibilität im Kleinen als ihr grosser Vorteil. Natürlich bietet man selbst auch Fertigmischungen von grösseren Produzenten in den Tabakfachgeschäften an. «Das Problem aber ist, dass diese vor allem in den letzten Jahren immer mehr vom Markt verschwanden», so Staiger. Der Grund dafür kann der allgemeine Rückgang des Konsums sein, vergleicht man einmal die Anzahl Pfeifen-Raucher heute und vor einigen Jahrzehnten. Es seien aber auch die immer strengeren gesetzlichen Vorgaben – in der Schweiz und weltweit – welche ­Mischungen für einige Produzenten wohl nicht mehr lukrativ machten. «Dies beginnt nur schon bei den Verpackungsvor­schriften. Inzwischen müssen Hersteller fast alle zwei Jahre neue Verpackungen mit neuen Warnhinweisen designen, das lohnt sich für einige wohl mit der Zeit nicht mehr», so Staiger.

Mit jeder Fertigmischung, die vom Markt verschwindet, können Tabakfachgeschäfte, die selber Tabake mischen, Kunden gewinnen. «Wir haben immer wieder Geniesser, die ihre Mischung nicht mehr bekommen, welche sie teilweise seit Jahrzehnten hatten. Wir können diese nachmischen, vielleicht sogar ein bisschen personalisieren, die Rezeptur in einer Karteikarte ­erfassen und schon hat der Geniesser einen neuen, fixen Lieferanten», erklärt es Ursula Staiger.

Entsprechend sieht sie ihr altes Handwerk auch alles andere als vom Aussterben bedroht. «Das Tabakmischen vor Ort und die damit verbundene Individualität in der Kundenbetreuung ist die Zukunft für uns Tabakfachgeschäfte. Entsprechend werden zukünftig auch bestimmt wieder mehr Tabakfachgeschäfte das alte Handwerk anbieten, davon bin ich überzeugt.»

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